realistisch optimistisch?
Weg von der erlernten Hilflosigkeit und hin zum erlernten Optimismus, dank positiver Psychologie? Was bedeutet positive Psychologie und wie können wir realistisch optimistisch werden?
Dieser Beitrag gibt eine Definition und stellt wichtige Bereiche der Positiven Psychologie vor. Er fasst diese in die 5-Säulen nach Martin Seligman zusammen und schildert ihre Anwendung im Alltag. Zum Ende betrachten wir die Kritik an der Positiven Psychologie.

Vorweg meine Antwort auf die Frage, was ist positive Psychologie? Positive Psychologie ist eben mehr als nur „positives Denken“. Positive Psychologie ist eine empirische Wissenschaft, welche zur Erforschung von menschlichen Ressourcen, Stärken und Potenzialen dient. Positive Psychologie ist die Wissenschaft vom gelingenden Leben.
Der Fokus der positiven Psychologie besteht darin Menschen zu begleiten, ihr Potenzial zu verwirklichen, zu wachsen und ein glückliches, erfolgreiches Leben zu führen. Ziel der Positiven Psychologie ist es, das Gute, das Normale, das Gesunde noch weiter zu verbessern.
Die positive Psychologie grenzt sich aber auch bewusst ab von einer defizitorientierten Klinischen Psychologie, die „Kaputtes“ heilen und „reparieren“ möchte.
"Wer nie scheitert, entwickelt sich nicht, und kann auch nie glücklich werden,
denn ihm fehlt die Erfahrung der eigenen Stärke."
Marting Seligman (*1942)
Zur Definition: Positive Psychologie ist die wissenschaftliche Untersuchung positiver Aspekte des menschlichen Lebens. Sie beschäftigt sich unter anderem mit den Grundlagen eines „guten Lebens“, mit dem, was das Leben lebenswert macht und mit begünstigenden Eigenschaften und Bedingungen des Wohlbefindens. In erster Linie werden deshalb Determinanten der Zufriedenheit beschrieben, gemessen und Interventionen für psychisch gesunde Menschen entwickelt, um deren Lebenszufriedenheit zu steigern bzw. zu stabilisieren. Die positive Psychologie hat zum Ziel, die Psychologie zu vervollständigen, indem sie bisher vernachlässigte Bereiche erforscht und sich beispielsweise mit Charakterstärken, Tugenden, Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit, positiven Emotionen und Talenten befasst.
Positive Psychologie nach Seligman: 5 Säulen
Der Psychologe Martin Seligman hat Positive Psychologie als Modell konzipiert (Seligman, 2012). Er verdichtet in seinem Modell wesentliche Bereiche der Positiven Psychologie in 5 Säulen:
Positive Emotionen - Hier geht es nicht nur um die Abwesenheit negativer Emotionen. Ziel ist es, den Anteil verschiedener positiver Emotionen im Leben zu stärken, wie etwa Stolz, Glück, Zufriedenheit, Entspannung und Begeisterung. Wichtige Themen sind hier Optimismus und positives Denken.
Motivation (Engagement) - Die zweite Säule beschreibt, dass Menschen Aufgaben im Leben haben, die sie mit Leidenschaft tun, bei denen sie ein Flow-Erleben bekommen, Raum und Zeit vergessen, in ihrer Tätigkeit voll aufgehen (Csikszentmihalyi, 1975). Um Motivation herzustellen, brauchen Menschen Selbstbewusstsein, Fokus und Konzentration und wirksam formulierte Ziele.
Gute Beziehungen - Menschen sind soziale Wesen. Sie profitieren von guten zwischenmenschlichen Beziehungen in verschiedensten Bereichen: Freundschaften, Liebesbeziehungen, Partnerschaft und Familie, berufliche und private Netzwerke, Einbettung in Nachbarschaft, Vereine, Kirchen und Gemeinden. Wichtige Forschungsfelder dazu sind Sympathie, Vertrauen und das Setzen von Grenzen gegenüber „vereinnahmenden“ Personen. Über die Selbsterfüllende Prophezeiung formen wir unsere sozialen Beziehungen unbewusst in die Richtung, die wir erwarten – und oft ist es die falsche Richtung.
Sinnerleben - Damit ist eine tiefere Bedeutung bei unseren Aktivitäten im Leben generell gemeint. Tatsächlich ist das Sinnempfinden ein von Psychologen bereits seit langem beachteter Aspekt, beispielsweise bei der psychologischen Arbeitsgestaltung (Hackman und Oldham, 1976). Eine wichtige Rolle spielen dabei die Lebensziele von Menschen. Komme ich meiner Lebensvision näher, lebe ich meinen Traum? Oder reagiere ich passiv auf Anforderungen von außen und lebe nach dem Drehbuch von jemand anderem.
Erfolgserlebnisse - Dieser Punkt ist sehr breit ausgelegt. Es geht um Erfolg im Sinne von neu erworbenen Kompetenzen und Wachstum in jedem wichtigen Bereich des Lebens (Beziehungen, Finanzen, Bildung, Gesundheit, Selbstwertgefühl, Beruf, …). Erfolg basiert unter anderem auf Selbstdisziplin, dem Verlassen der Komfortzone und guten Gewohnheiten.
Seligman hat das Akronym PERMA entwickelt, um die fünf Säulen Positiver Psychologie zu kommunizieren: Positive Emotions, Engagement, Relationships, Meaning, Accomplishments.
Wo findet sich positive Psychologie wieder? Positive Psychologie erstreckt sich auf viele Bereiche menschlichen Erlebens und Verhaltens, die positiv besetzt sind. Es geht also um psychologische Aspekte, die Menschen mit Glück und einem guten Leben verbinden (Peterson, 2006; Shrestha, 2016). Positive Psychologie findet sich u.a. in den Bereichen:
Optimismus
Selbsterfüllende Prophezeiung
Selbstwirksamkeit, Selbstwertgefühl und Selbständigkeit
Visionen, Sinnerleben und Selbstverwirklichung
Wachstum, Komfortzone, Stärken und Kompetenzen
Glück, Dankbarkeit und positive Emotionen
Gesundheit, Wohlstand und gute Beziehungen
Entspannung, Bewusstheit und Achtsamkeit
Beispiele der Anwendung: Damit Menschen bei wichtigen Lebensthemen vorankommen und ihr Potenzial entfalten, haben Wissenschaftler der Positiven Psychologie bestimmte Maßnahmen entwickelt und getestet (Sin und Lyubomirsky, 2009; Bolier et al., 2013). Dazu gehören:
Training optimistischen Denkens
Erinnern und Visualisieren positiver Erfahrungen
Wachrufen von Erfahrungen und Tatsachen für die man dankbar ist (Lyubomirsky et al., 2011)
Meditation und Achtsamkeit (Josefsson et al., 2011)
Entwicklung einer positiven Vision der eigenen Zukunft (King, 2001)
Abbau von schlechten und Aufbau von guten Gewohnheiten
Es geht zum Beispiel wie wir Fragestellungen angehen können. Anstelle auf das Problem zu achten, konzentriert sich Positive Psychologie auf die Chancen.
Mein persönlicher FAZIT: Bei allem Optimismus, bei all der positiven Psychologie ist es hilfreich realistisch zu bleiben. Mit Toxic Positivity z.B. bezeichnet man das Phänomen, dass Menschen unter gar keinen Umständen das Negative sehen möchten, negative Gedanken und Emotionen unterdrücken und ausschließlich nur das Positive sehen wollen. Doch das kann genauso gefährlich sein wie Menschen, die ständig pessimistisch sind und positive Gedanken ausblenden.
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Thomas - Hannes Fiala psychologischer Berater & systemischer Coach
Mediator, Supervisor
Sterbe- & Trauerbegleiter
Mentor